Ich will Euch ein wenig über Kalabrien, seine Leute und Naturschönheiten erzählen, immer wieder eine andere
kleine Episode und so Euch die „ unbekannteste“ und geheimnisvollste Region Italiens näher bringen.
S1. E1 Wie kam es dazu das ich nach Kalabrien kam?
Ich lernte meinen Mann kennen und wusste das er in Rom aufgewachsen war und in Mailand arbeitete, doch sein Herz schlug für Kalabrien, aus der Region aus der die Familie des Vaters stammte.
Ich wiederum in Wien aufgewachsen und arbeitend kannte Italien nicht viel anders als jeder durchschnittliche Österreicher, die Adria, Grado und Bibione etwas Florenz und ein bisschen Rom.
Als mein zukünftiger „Mann“ von seinem Kalabrien sprach, das er hauptsächlich durch Ferienaufenthalten und den vielen Geschichten seines Vaters kannte, fragte ich ihn wo genau dieses Kalabrien denn liege und er sagte mir schräg unter Apulien, was mich aber irritierte, da ich mich erinnern konnte, das ich einmal in Santa Maria de Leuca (Apulien) war und ein Onkel mir das Meer mit seinen verschieden farbigen Strömungen zeigte und erklärte das ist das Ende Italiens!
Ich dachte bei mir „na da hast du wohl ein paar Stunden in der Schule verpasst“ aber mir war nicht ganz schlüssig wo zwischen Apulien und Sizilien dieses Kalabrien wohl liege, doch das sollte sich sehr bald ändern
S1. E2 Meine erste Reise
war ein kleines Abenteuer. Zuerst mit dem Flieger nach Rom und dann weiter nach Lamezia Terme, es war im Jänner und da gibt es leider nicht die vielen direkten Flüge aus Deutschland und Österreich. Damals nahm man noch sein Gepäck am Flugzeug in Empfang und brachte es alleine in die Flughafen Halle hinein.
Da es Abend war konnte man nicht viel erkennen, aber bevor wir im Dorf ankamen fuhren wir viele Kurven bergauf....
Am nächsten Morgen aber, die große Überraschung, eine Aussicht prachtvoller kann man es sich nicht vorstellen, man blickt hinab in ein Tal; das des Flusses Savuto und dann sieht man ein Meer von Bergen und das im südlichsten Teil Europas! Der Fluss Savuto wiederum endet im tyrrhenischem Meer.
Dies war der Moment wo ich bei mir dachte, ja in diesem Teil der Welt könnte ich leben, es gibt diese Berge die ein Österreicher in seiner Umgebung braucht, und als Zuckerl obendrauf auch noch das Meer, und das noch dazu auf beiden Seiten Kalabriens.
S1. E3 die Kontraste in Kalabrien
Kalabrien eine Region großer Gegensätze, im Winter kann man in der Sila Skifahren, und im Sommer taucht man in ein dunkelblaues Meer auf der tyrrhenischen Seite oder in ein hellblaues Meer auf der ionischen Seite. Man kann im größten Nationalpark Italiens wandern gehen und wer nicht vom Bären aufgenascht wird versenkt seinen Körper in einem kühlem Süßwasser See am Pollino
Doch auch den kunstsinnigen Reisenden bietet Kalabrien einiges. Einer meiner ersten Ausflüge brachte mich in die Burg von Vibo Valencia, eine wehrhafte Burg interessant zu besuchen und im Museum Shop fand ich eine Reisebeschreibung vom Friedrich Leopold Graf Stolberg, der im Auftrag des Kaisers von Österreich im 18 Jhd. Kalabrien besuchte
S1. E4 die tyrrhenische Seite
Ich will euch etwas von der tyrrhenischen Seite erzählen, auch weil das unser nächstgelegenes Meer ist. Es ist sehr tief und daher auch so dunkel. Da die äolischen Inseln der Seite vorgelagert sind gibt es auf dieser Seite immer einen verlässlichen Wind der diese Strände zu einem Kyte-surf Paradies machen und mein Lieblingsstrand ist in Gizzeria und heißt Hang Loose-beach. Beliebt nicht nur für Sportler, nein es gibt auch eine coole Bar und ein lässiges Restaurant, Lässigkeit wird dort groß geschrieben und für Klein-Groß und „Grösser“ gibt es tolle Angebote und im Mai und Juni, vor dem Beginn der Sommersaison treffen sich dort schon die europäischen Kyte-surfer.
S1. E5 der kalabrische Klassiker
Nun wieder zurück ins ländliche Kalabrien, ja es stimmt der „Kalabrese Classico“ ist ein finster dreinschauender Mensch doch ich als gebürtiger Österreicher empfinde auch den Tiroler als einen finster dreinblickenden Gesellen, und ich glaube das schuldet der Mensch den Bergen, Bergvölker empfinden den Fremden immer als potenziellen Feind, doch im Gegensatz zum Tiroler der meist erst lächelt wenn er den Fremden als Touristen mit Geld identifiziert, lächelt der Kalabrese bereits wenn er merkt das vom Fremden keine Gefahr ausgeht , und nirgendwo gibt es eine größere Gastfreundschaft als bei Kalabresen die ihr Herz öffnen.
S1. E6 die Männer der Straße
In der dörflichen Gemeinschaft sieht man nur Männer jeglichen Alter auf der Straße, stehend, sitzend, Karten spielend und je nach Tageszeit mit einem „Cafe“, einem Glass Wein oder Bier. Die Frauen sind züchtig zu Hause und hauptsächlich mit Kochen beschäftigt, denn zu Essen gibt es reichlich, aber eigentlich immer zu viel....... , und wenn nicht gekocht wird kümmern sie sich um den „Orto“ oder es werden jegliche Lebensmitteln eingemacht und somit für den Winter haltbar gemacht.
Zwischen 13 und 17 Uhr sind die Dörfer im allgemeinen ausgestorben, und jeder einzelne hat seine eigene Art die Siesta zu verbringen
In den Städten wiederrum hat sich die Gleichberechtigung der Geschlechter auf südliche Art durchgesetzt:
Die Damen stürmen in Gruppen, oder mindestens zu zweit die Bars und Lokale, und diese Art sehen sie als Gleichstellung an und sind damit glücklich
S1. E7 Nun zu einer kleinen Anekdote
in den ersten Jahren waren wir nur im Sommer in unserem Dorf in Kalabrien im Haus meiner Schwiegereltern und eines Tages meinte mein Schwiegervater ob ich mit ihm nach Santa Croce kommen wolle da ich sehr neugierig war und alles in mich einsaugen wollte, bejahte ich. Wir fuhren also los über staubige Straßen und blieben bei Landarbeitern stehen, mein Schwiegervater sprach kurz mit dem Ehepaar die aus dem Haus heraus traten, es wurden Tomaten etc. in das Auto geladen und wir fuhren wieder nach Hause. Für mich erstmals eine große Desillusion, erstmals war für mich, nicht wirklich italienisch sprechend Santa Croce eine Kirche und nicht eine Behausung im irgendwo und zweitens.....erzähle ich euch das nächste Mal.
S1. E8 das echte erste mal in Santa Croce
Am nächsten Tag packte ich meine kleine Tochter in den Buggy, mit dem Hintergedanken, mit einem Kind bin ich in einem so kinderlieben Land tabu und so wollte ich mir diese so bös dreinschauenden Menschen noch einmal anschauen, also zog ich los, bergauf bergab und endlich war ich in Santa Croce, und begegnete diesem bös dreinschauenden Mann und seiner Frau von neuem. Ich holte meine Kleine aus dem Kinderwagen und hielt sie zwischen mich und dem Mann, er sprach mich in kalabrisch, eine Art altgriechischer Dialekt, ich antwortete ihm in einem Gemisch von spanisch (mehr) und italienisch , mit einem Wort niemand verstand etwas, aber dank des Kindes und viel Lächeln erweichte auch er sich. Riciotti, so hieß der Mann, er und seine Frau wurden meine „ersten Lehrer“ in Kalabrien.
S1. E9 Una terrona
und so lernte ich viel, ich durfte meine Nase überall hineinstecken und meine Tochter wuchs inmitten von Schafen und Hunden und frisch gekochten Essen gesund und glücklich auf, und nach einiger Zeit bekam ich für mich das schönste Kompliment; du bist ja gar keine vom Norden „sei una Terrona come noi“ eigentlich ein als Beleidigung und Verachtung ausgedachtes Wort, das die ganze Verachtung die der Norden für den Süden empfindet ausdrückt. Doch von einem Kalabresen ausgesprochen ist es ein Kompliment und das verstand ich, und ich wusste das ich in meiner neuen Heimat angekommen war.
S1. E10 Waschen Sie Ihre Hände in den Bergen
Doch ich hatte noch einen anderen „Lehrmeister“ der auf dem Berg, genannt Molinara, lebte und auch er brachte mir viele Sachen aus dem Süden bei, aus welchen Pflanzen man Schnaps brauen kann, zeigte mir kleine Blümchen die an Wasserquellen wachsen und wenn man sich damit die Hände reibt entsteht so etwas wie Seife, und manchmal gingen wir zusammen los er brachte seine Kühe zum grasen, und dann setzten wir uns unter einen riesigen Kirschenbaum und er hackte einfach zwei Äste ab und wir haben dunkelschwarze, köstliche Kirschen gegessen, hatten die schönste Aussicht vor uns und er erzählte mir viele Geschichten über ein hartes aber auch auf seine Art schönes Leben.
S2. E1 Der Lutto
Ein Teil des Lebens ist der Tod und in dieser armen Region ist die Trauer (Lutto) am offenen Sarg ein ganz wichtiges Ereignis. Die ganz traditionelle Art ist die berührenste. Die Witwe (meist bleibt die Frau über) erzählt dem Verstorbenen über jeden einzelnen Besucher der gekommen ist um die letzte Ehre zu erweisen, etwas das der Tote mit eben diesen erlebt hat, sehr berührend, auch lässt man etwas zum Essen unter dem Sarg stehen damit die Ahnen die dich in die nächste Welt begleiten sich vorher stärken können.
S2. E2 Reggio Calabria
Doch nun zurück ins Leben und wir besuchen Reggio Calabria, es ist kein Problem mehr seit die Autobahn durchgehend fertiggestellt ist und in 1 ½ Std. Fahrzeit ist man angekommen. Nachdem man einen Parkplatz gefunden hat, steht einem Spaziergang auf der „schönsten Promenade Italiens„ nach Gabriele d’Annunzio, ein Schriftsteller und Poet, nichts mehr im Wege. Die Promenade ist flankiert von netten Bars in denen man köstliche Aperitivi einnehmen kann und oft kann man sie auch auf Deutsch bestellen, da es viele Kalabresen gibt die ihre Kindheit in Deutschland verbracht haben und sich noch an ein bisschen Deutsch erinnern.
S2. E3 Bronzen von Riace
Frisch gestärkt ist es immer interessant dem Nationalmuseum in Reggio Calabria einen Besuch abzustatten.
Dort kann man auf mehreren Etagen Exponate von der Altsteinzeit bis in die späte Römerzeit bewundern, außerdem ist es das einzige Museum der Welt dass eine Nekropole in seinem inneren beherbergt.
Doch das Highlight sind die Bronzen von Riace.Kalabrien musste lange für ihre Rückkehr kämpfen, da Norditalien nach der Restaurierung überzeugt war das Kalabrien sie nicht sicher ausstellen könne, doch siehe da, es gelang und jeder kann sich davon überzeugen.
Nach dem Besuch im Museum gibt es ganz in der Nähe ein köstliches kleines Eisgeschäft und so gestärkt kann man noch einen kleinen Spaziergang auf der Hauptstraße absolvieren, es zahlt sich aus diese hübschen Häuser und Geschäfte näher anzuschauen.
S2. E4 Die Cipolla di Tropea
Ein weiterer netter Ausflug ist sich einen Tag Tropea und Pizzo anzuschauen.
Wenn der Tag entschieden ist sollte man früh aufstehen und direkt nach Tropea aufbrechen. Es ist sicher der bekannteste Ort Kalabriens, das Meer hat die Farbe, die man sonst nur aus der Karibik kennt. Tropea ist auf einem hohen Felsen gebaut, vom Meer umspült, weiße Sandstrände locken jeden einzelnen zu einem ausgedehnten Sonnenbaden und schwimmen ein.In dem kleinen Städtchen wiederum laden kleine Trattorien und Eisgeschäfte zum Verweilen ein. Einen kleinen Rundgang durch das Städtchen, mit all den alten Palazzi und dem Dom erfreut das Herz und die kleinen Geschäfte regen zum Einkaufen ein.
Der bekannteste Export ist aber eine rote süße Zwiebel, bekannt in der ganzen Welt als Cipolla di Tropea.
S2. E5 Kindermeer in Pizzo
Einmal wieder fuhren wir nach Pizzo, um mit unserer kleinen Tochter an einen für Kleinkinder geeigneten Strand zu gehen, da das Meer auf der tyrrhenischen Seite oft sehr schnell tief wird und so für kleine Kinder nicht so geeignet ist.
Nach dem Schwimmen entdeckte ich das ich keine Reservewindel dabei hatte, leider war kein Geschäft offen es war noch vor 17 Uhr und so machte ich mich auf Italiener mit kleinen Kindern zu finden um sie nach einer Windel zu fragen, doch ich hatte kein Glück entweder hatten die jeweils geeigneten Familien keine zweite Windel oder sie waren noch nicht auf der Straße.
Doch wir hatten Glück: ein Fischerehepaar mit unzählbarer Kinderschar hatte nicht nur ein Kind ähnlichen Alters und daher auch eine Windel für uns.
Der Fischer hat sich außerdem im Meer so etwas ähnliches wie ein integriertes Schwimmbad gebaut, es gefiel uns so gut das wir in den nächsten Tagen wieder hinfuhren.
S2. E6 Giada der Delphin
Die Tochter des Fischers Giada wurde die beste „Schwimmfreundin“ unserer Tochter Clarice.
Giada, klein, dunkelbraun gebrannt mit grünen Augen und Clarice das Gegenteil, obwohl jünger, grösser , hellbeige mit grau grünen Augen mochten sich vom ersten Moment.
Wir staunten nicht schlecht, während die Clarice mit Schwimmflügerln dahin strampelte, schwamm Giada wie ein Delphin. Ich fragte bei der Mutter nach wie das denn möglich sei und sie erklärte das die kleine kaum geboren von ihren älteren Brüdern genommen wurde und ins Meer geworfen wurde, denn die wollten sehen was dann geschehen würde.
Das Experiment gelang und die Kleine schwamm mit 3 wie ein Fisch.
Die Clarice lernte auch langsam zu schwimmen, die Mädchen tobten den ganzen Tag im Wasser, oder sie sammelten „Goldsand“ in Flaschen, aßen von einem Teller die besten Pommes, und frischen Fisch und waren für alle die Schwarze und die Weiße.......wobei die Weiße richtig rausstach, wenn sie auftauchte.
S2. E7 Der Tartufo von Pizzo
Nun zu Pizzo, dieser Ort hat auch einen wichtigen geschichtlichen Hintergrund, als General Murat, vize-König von Neapel und Schwager von Napoleon verjagt wurde und er sich in der Burg von Pizzo verstecken wollte wurde er entdeckt und ermordet.
Dank seiner schönen Lage und einer romantischen Terrasse kann man wunderbare Sonnenuntergänge beobachten, genützt wird das seit jeher von verliebten Pärchen, und wahrscheinlich haben hier schon viele einen Heiratsantrag bekommen, aber bevor wir vor Romantik zerfließen richten wir unseren Blick auf andere Gelüste, nämlich auf köstlichste Eis der Welt, dem hier erfundenen und erzeugten Tartufo di Pizzo, fast so berühmt wie die Sachertorte, nur noch viel köstlicher, und mein Lieblingslokal ist das Chez Toi.
Es wird dort in einer winzigen Küche vom Besitzer selbst erzeugt, und wenn man Glück hat kann man den Meister bei der Herstellung beobachten.
S2. E8 Die Kirche in Piedigrotta
Ein wenig außerhalb von Pizzo kann man die Höhlenkirche Piedigrotta besuchen.
Die Legende ist wirklich erzählenswert.
Nach einem großen Sturm kenterte ein Schiff, (früher fuhr auf jedem Schiff eine Madonna mit), nachdem sich die Matrosen an den Strand retten konnten und von der Bevölkerung verpflegt wurden, gingen sie am nächsten Morgen zurück zum Strand um zu sehen was alles vom Schiff an den Strand geschwemmt wurde, und entdeckten die Madonna. Sie wurde sogleich in die Kirche gebracht und sie feierten einen Dankesgottesdienst. Als am nächsten Tag jemand in die Kirche ging war die Madonna verschwunden, aber sie wurde am Strand gefunden, dieser Vorgang wiederholte sich des Öfteren. So wurde entschieden die Madonna in einer Grotte zu belassen, und so wurde dort ein kleines Kirchlein gegründet. Langsam erweiterte sich die Kirche und viele Amateurkünstler aus der Gegend bearbeiteten den Tuffstein und erzeugten verschiedene religiöse Begebenheiten, doch findet man auch wichtige politische Ereignisse, wie zum Beispiel die Begegnung Kennedy- Brezhnev :eine lebende Kirche.
Die Grotte kann man nur vom Frühjahr bis Herbst besuchen, da sie im Winter vom Meer unterspült wird.
S2. E9 Auswanderungen
Die Auswanderung der Kalabresen hat verschiedene Episoden, in der ersten großen Welle am Ende des 19jhd. verließen sehr junge männliche Kalabresen ihre Heimat hauptsächlich in Richtung Amerika auf der Suche nach dem großen Geld, doch auch mit dem Hintergedanken wieder nach Hause zurück zu kehren. Wenn sie es schafften kauften sie nach ihrer Rückkehr Land von ihren ehemaligen Landherren. Die zweite große Welle fand in den 30iger Jahren statt, die war aber so massiv dass Mussolini einen Auswanderungstopp für die Region veranlasste. In den 60iger Jahren nahmen die meisten Männer ihre Frauen mit, diesmal wanderten auch viele von ihnen in die Schweiz, Deutschland und nach Norditalien aus. Wenn die ältesten Kinder eingeschult wurden kehrten viele Mütter mit ihnen in ihre Heimat zurück; sie bauten im Urlaub Häuser für sich und ihre noch zu erwartenden Nachkommen.
Die heutigen Auswanderer packen alles ein und suchen sich eine neue Heimat aus, wo sie auch für immer bleiben.
S2. E10 Die Sturschädel
Die Kalabresen sind Sturschädel, so wie die Wiener, auch wenn mein Mann immer meint das ich nicht so verallgemeinern soll. Den kleinen Unterschied gibt es doch, die Wiener haben ein nicht so großes Ehr und Familiengefühl.
Wenn ich mit einem Kalabresen ein Problem habe, kann ich mir ganz sicher sein, das keiner, und wirklich keiner aus seiner Familie etwas mit mir oder meiner Familie zu tun haben will, und ich meine die Großfamilie. Es brechen Freundschaften auseinander von Familienmitglieder die mit dem eigentlichen Streit nicht wirklich etwas zu tun hatten, in solchen Dingen fühlt man sich der arabischen Kultur näher als der europäischen!
S3. E1 Catanzaro
Wir leben genau zwischen der Hauptstadt Catanzaro und der ehemaligen Hauptstadt Cosenza und ich erzähle ein bisschen von beiden.
Catanzaro wurde als byzantinische Festung gegen die Sarazenen erbaut und erlebte seine Hochblüte unter der Herrschaft der Aragona.
Ab dem Mittelalter war es das Zentrum der Seiden und Damastproduktion in Europa, Anfang des XIX Jahrhundert, verursacht durch eine Erkrankung der Seidenraupen versiegt dieser Wirtschaftszweig, die Weber verlassen das Land und Catanzano erholt sich wirtschaftlich nicht mehr wirklich.
Catanzaro ist auf drei Sandsteinhügel gebaut, die durch Brücken erreichbar sind. Die wichtigste Brücke heißt Ponte Bisantis und besteht aus nur einem Bogen, die weitest gespannte Brücke Italiens.
Wenn man nachts nach Catanzano hochfährt glaubt man in Utopia angekommen zu sein, ein durch die nächtliche Beleuchtung fantastischer Anblick.
S3. E2 Cosenza
Cosenza, für die Deutschen berühmt durch das Gedicht von August von Platen:
Nächtlich am Busento lispeln,
bei Cosenza dumpfer Lieder.........
denn der Westgote Alarich war der erste der Rom überrannte um dann in Cosenza an Malaria zu sterben. Er wurde nach der Legende im Fluss samt Pferd und Rüstung vergraben, da seine Leute Angst hatten dass die sie verfolgenden Römer seinen Leichnam schänden würden, sein Grab wird bis heute von Archäologen gesucht.
Cosenza beeindruckt bis heute durch seine normannische Festung.
Im alten Teil der Stadt sind für mich die Kirche vom Hl. Francesco v. Assisi und die Dominikanerkirche und natürlich auch der Dom besonders sehenswert.
Neben dem Dom gibt es ein kleines nettes Restaurant in dem man sich laben kann und eine gute Auswahl an kalabrischen Wein haben kann.
Im neuen Teil von Cosenza beeindruckt ein Freilichtmuseum auf dem Corso G. Mancini mit Skulpturen berühmter Künstler die der Sammler C. Bilotti der Stadt geschenkt hat.
S3:E3 Touristen im Süden
S3:E4 San Giovanni in Fiore
S3:E5 Gastfreundschaft in Kalabrien
S3:E6 Maddy
S3:E7 Tiriolo
S3:E8 Die Pacchiana
S3:E9 Der Vancale
S3:E10 Amantea
S4:E1 Squillace
Heute bringe ich Euch auf der gegenüber liegenden Seite Kalabriens, dem Ionischen Meer, die Küste die auch Orangen Küste genannt wird. Nach einem erholsamen Tag am Strand kann man am späteren, schon kühleren Nachmittag Squillace besuchen, in den Bergen ein schönes mittelalterliches Dörfchen und an der Küste ein sehr interessanter archäologischer Ausgrabungsort. Der Ort ist sehr wichtig in der Zeit der Magna Graecia. In der griechischen Epoche hieß der Ort Skyllation und der Mythos sagt das sie von Odysseus gegründet wurde. In römischen Zeiten heißt die Stadt Minerva Augusta Scolacium, Heimat von Aurelio Cassiodoro, „der letzte Römer und der erste Italiener“ genannt. Des Weiteren interessant zu besuchen ist die Kirche Santa Maria in Roccella, erbaut von den Normannen Ende des 11 Jhd. an der Grund Konstruktion erkennt man einen westlich-byzantinischen Stil, weiteres ein Amphitheater, die Therme und ein Aquädukt.
S4:E2 Die Becken von Cassiodoro
Flavio Magno Aurelio Cassiodoro Senatore stammte aus einer angesehenen Familie der senatorischen Reich saristokratie und lebte im VI Jahrhundert nach Christus. Nachdem er Zeit seines Lebens wichtige politische Ämter innehatte zog er sich im Alter auf seine Erbgüter in Squillace/Kalabrien zurück. Er gründete dort das Monasterium Vivarium, das seinen Namen den zahlreichen Fischbecken verdankte, die dort im Felsen ausgehöhlt waren. Die Becken wurden zur Fischzucht verwendet, bis heute ist jedermann von dem kristallklaren Wasser und dem weißen Sand beeindruckt. Sie sind vom Badeort Copanello aus zu besichtigen, entweder schwimmend, oder etwas mühsamer über Felsen und Gestrüpp kletternd, auf jeden Fall sind sie einen Besuch wert.
S4:E3 Paola
Ein anderer schöner Ausflug führt uns nach Paola. Es ist der wichtigste Wallfahrtsort Kalabriens. Franz von Paola, der bedeutendste Heilige der Region, wurde dort geboren. Ein zutiefst frommer und bescheidener Mann. Er gründete den Orden der minderen Brüder, auch Paulaner genannt. Ihm werden mehrere Wunder nachgesagt, unter anderem legte er seinen Mantel auf das Wasser und schritt so trockenen Fußes über die Meerenge nach Messina. In den letzten Jahren wurde er gegen seinen Willen an den Hof des französischen König geholt, wo er dann auch verstarb. Der Heilige wird bei Kinderlosigkeit angerufen und in Paola gibt es eine Quelle, der man nachsagt, dass wenn man von ihrem Wasser getrunken hat, auf ein Wunder hoffen darf. In Wien, meiner Heimatstadt, wird Francesco von Paola auch sehr verehrt, siehe die Paulanerkirche und die Paulanergasse.
S4:E4 Fiumefreddo Bruzio
Vienna (was für ein Zufall) die Mutter von Francesco di Paola stammte aus Fiumefreddo, einem Nachbarsort von Paola. Fiumefreddo ist auch sehenswert da sie 200 Meter hoch über dem Meer gebaut ist und eine schöngelegene Festung beherbergt deren Reste es sich zu besichtigen lohnt. 1531 belehnte Karl V. von Habsburg den Marchesen Ferdinando De Alarcon-Mendoza mit dem Besitz. Aus dieser Zeit stammt auch das Eingangsportal „michelangioloesco“, das damals als besonders chic galt, und das noch heute zu besichtigen ist. 1806/1807 wurde diese Gegend fast vollständig von napoleonischen Truppen zerstört. Der Ort ist unter den schönsten Borghi Italiens gelistet.
S4:E5 Scilla e Cariddi
Scilla e Cariddi, auf Deutsch Skylla und Charybdis, sind in der griechischen Mythologie zwei schreckliche Ungeheuer welche die Meerenge von Messina bewachen. Homer beschreibt in seiner Odyssee Scilla als das kleinere Monster was die Seite Kalabriens bewacht und Carridi als eine ungeheuerliche Nymphe, Tochter von Poseidon (Meer) und Gea (Erde) auf der sizilianischen Seite. Die Meerenge ist sehr tief so dass das Meer sehr dunkel wirkt und entwickelt starke Strömungen die bis zu 200 cm/sec fließen. Es werden auch oft Wirbel, die Münder der Cariddi, beobachtet. Man kann sich richtig vorstellen wie dieser unglaubliche Ort viele Mythen beeinflusst hat. Heute ist Scilla ein beschaulich kleines Fischerdorf, dass zu einem Spaziergang einlädt, ins besondere der Teil der Chianalea genannt ist, wo es nette kleine Lokale in denen man frischen Fisch verspeisen kann gibt. Im Oktober wird das Festival des Schwertfisches gefeiert, weil in dieser Zeit Fischer der Gegend Schwertfische nach traditioneller Art fangen: ein sehr beeindruckendes Erlebnis.
S4:E6 Schwarze Müllsäcke
Heute erzähle ich Euch ein kleines Abenteuer das ich mit einer Bekannten erleben durfte. Ich lebte erst seit kurzem in Kalabrien und eine Freundin aus Österreich kam zu Besuch. Fast jeder, der mich bis heute in Kalabrien besucht, bringt einen Koffer voll mit Vorurteilen mit, die erst nach und nach abgebaut werden können. Um dieser Bekannten etwas von der Hauptstadt zu zeigen fuhren wir nach Catanzaro. Zu der Zeit wusste ich noch nicht das der Verkehr so geregelt ist, dass man auf einer Seite den Hügel der Stadt hinauf fährt und auf der anderen Seite wieder hinunter. Der Erfolg war dass wir, bevor wir ins Zentrum gelangen konnten, schon wieder auf den Weg aus Catanzaro heraus waren. Wir befanden uns unter der berühmten Morandi Brücke. Dieser Teil wurde und wird wahrscheinlich noch immer als „Mistplatz“ benützt.
Also lagen ein paar schwarze Müllsäcke herum, der Hitze geschuldet, ziemlich aufgebläht. Meine Bekannte war sofort überzeugt das sich in den Säcken Leichenteile befänden. Sie wurde sehr hysterisch und verbot mir das Fenster zu öffnen um nach dem richtigen Weg zu fragen. Dadurch brauchten wir Stunden bevor wir wieder auf die Autobahn fanden. Es stellte sich heraus dass es sich hier um ein echtes Vorurteil handelte; aber ich war froh, dass sie nicht auch noch einen Herzinfarkt erlitt.
S4:E7 Rossano
Ein wunderschöner Ausflug führt uns heute nach Rossano, da es dort viele Sehenswürdigkeiten zu besichtigen gibt, besonders zu erwähnen ist der Codex Purpureus Rossanensis, ein reichbebildetes griechisches Evangeliar, mit Purpurfarbendem Papier. Es beinhaltet das komplette Matthäus und Teile des Markus Evangelium sowie einen Brief des Eusebius von Caesarea und wurde wahrscheinlich im VI Jahrhundert in Syrien geschrieben und im VII Jahrhundert von Mönchen vor den Arabern gerettet, und nach Kalabrien gebracht. Weiters sehr sehenswert ist die Kathedrale Maria Assunta, sie beinhaltet unter anderem ein Gnadenbild von der Maria Archiropita, das einer Legende nach nicht von Menschenhand gemalt wurde. Eine weitere Kirche , die in der Barockzeit umgebaut wurde ist dem Heiligen Nilos geweiht.
Rossano ist auch das Zentrum der Lakritze Erzeugung. Die Firma Amarelli ist eine der ältesten übergebliebenen Familienfirmen Italiens und in der ganzen Welt bekannt. Die Lakritze wird aus einer Wurzel herausgewonnen; wer mehr davon wissen will kann sich das besonders beeindruckende Museum anschauen.
S4:E8 Sibari
Etwas entfernt befindet sich Sibari, heutzutage ist das nur mehr ein fruchtbarer Landstrich. Einst Sybaris genannt, 720 v. Chr. von den Griechen gegründet, sehr begütert und reich, dank des fruchtbaren Schwemmlandes. Der Sybaritismus ist bis heute der Inbegriff für Genusssucht und Völlerei. 510 v. Chr. kam es zum Aufstand und die begüterten Bürger flohen ins südlich gelegene Kroton (heute Crotone). Sybaris wurde in Folge völlig vernichtet und erst 1932 wurden teilweise Ruinen entdeckt. Seit 1969 begannen Ausgrabungen, die heute zu besichtigen sind. In Laghi di Sibari befindet sich ein nettes kleines Museum das Fundstücke dieser Ausgrabungen beherbergt. Crotone das 710v. Chr. ebenfalls von den Griechen gegründet wurde, wurde 277 v.Chr. von den Römern erobert. Ganz in der Nähe liegt Capo Rizzuto wo das Meer von hellblau bis smaragdgrün schillert. Es befindet sich dort auch ein Meerschutzgebiet, das größte Italiens.
S4:E9 Doch nicht alles ist Sonnenschein in Kalabrien
Die Kommunalpolitik läuft ihre eigenen Wege, so wird nicht das Programm eines Politikers gewählt, sondern derjenige wird Bürgermeister der die größte Familie hat. Geschickt ist auch derjenige der in seine Gruppe Leute aufnimmt, die ebenfalls über viele Verwandte verfügen. Man sagt auch dass sich Stimmen um geringes Kleingeld kaufen kann. Man kann sich dann in allen Regenbogenfarben vorstellen, wer wem nach einer Wahl einen Gefallen schuldet. Aber auch manche Beamten der örtlichen Poststelle sind teilweise fragwürdig eingesetzt, viele sind überfordert und es kann passieren das man einem halben Tag in der Poststelle verbringt. Hier eine kleine Episode: Eine Tochter mittleren Alters will für ihre alte Mutter die Pension abholen. Die Mutter, Analphabetin, ist bettlägerig und kann leider nicht zur Post gehen. Die Tochter zeigt der Beamtin alle Dokumente inkl. den Ausweis (mit den drei Kreuzchen) „als Unterschrift“. Die Postangestellte bleibt dennoch hart, ganz nach Vorschrift will sie die alte Dame in der Post sehen. Sie kennt zwar die Familie incl. der alten Dame persönlich, doch in der Post muss alles nach Vorschrift gehen, und wenn es nicht anders geht, muss die Tochter eben mit der Mutter in der Ambulanz kommen.
S4:E10 Die römische Brücke
Im Tal von Savuto bei Scigliano befindet sich die römische Brücke genannt die Brücke Sant‘Angelo oder auch die Brücke vom Hannibal. Nach einer Legende soll sie Hannibal mit den Elefanten überquert haben, was aber nicht belegt werden kann. Sie ist einer der ältesten Brücken Italiens (II. v.C.) und wurde unter den Schutz von der UNESCO gestellt. Sie ist ein Teil der alten römischen Via Annia Popilia in der Nähe von der Statio ad Sabatum Flumen, die Capua mit Reggio Calabria verbunden hat.